Norbert Lemken ist gelernter Landwirt, Betriebswirt, ehemaliger NGO-Geschäftsführer, danach MdB-Büroleiter im Bundestag in Bonn. Seit 1996 für die Bayer AG tätig, zunächst in der Öffentlichkeitsarbeit und als Pressesprecher. Seit 2006 vertritt er den Konzern als Repräsentant, seit 2017 als Director Agricultural Policy im politischen Berlin und ist unter anderem Ansprechpartner für Themen wie Glyphosat, Biodiversität und digitale Landwirtschaft. In k-news erklärt er, wie er den Dialog mit kritischen NGOs managt, verrät seine erfolgreiche Twitter-Strategie und gibt Tipps für Berufseinsteiger.
Herr Lemken, wie vertritt man die Interessen eines Unternehmens, wenn weite Teile der Öffentlichkeit aufgrund des Produktes Glyphosat radikal gegen einen sind?
Es geht in der Interessenvertretung in erster Linie um belastbare Netzwerke und klare Botschaften, die auch verstanden werden. Die derzeitige Diskussion vermischt sich mit vielen Themen der Nahrungsmittelproduktion, der Art und Weise von landwirtschaftlicher Produktion, des Fleischkonsums und des Umweltschutzes. Bienen und Insekten erreichen neue Begeisterungsstürme; das Volksbegehren in Bayern „Rettet die Bienen“ hat gezeigt, wie schnell Stimmungen politisches Handeln beeinflussen können. Für mich als Interessenvertreter steht Vertrauen und Glaubwürdigkeit, gerade bei komplexen Themen, an erster Stelle. Verbunden mit den langjährigen Netzwerken, auch zu NGO´s, ist die Bereitschaft zum Dialog und zum sachlichen Umgang auf beiden Seiten gegeben.
Was ist das Schwierigste an Ihrem Job und was ist Ihnen in der Public Affairs-Arbeit seit der Monsanto-Übernahme besonders gut geglückt?
Als gelernter Landwirt habe ich überhaupt keine Angst vor Dialogen mit unseren Kritikern. Gelegentlich verwechseln allerdings einige Hardliner, sachliche Debatten mit persönlichen Beleidigungen. Dies bringt denen mal einen Applaus in einigen Ecken, doch es nicht konstruktiv. Meine größte Herausforderung war Ende November des letzten Jahres eine öffentliche Podiumsdiskussion mit Dr. Vandana Shiva, alternative Nobelpreisträgerin, Autorin und Aktivistin im Kino Babylon in Berlin. Dabei ging es um die globale Landwirtschaft und Ernährung, um Klimawandel und Biodiversität. Vor allem war das Publikum mit rund 500 Leuten überhaupt nicht auf meiner Seite. Dennoch habe ich mich der Diskussion gestellt, auch wenn einige das als aussichtslos und sogar „verrückt“ bewertet haben. Dialog ist keine Einbahnstraße und es gibt auch bei kritischen Akteuren nur eine goldene Regel: Wegducken zählt nicht. Es geht mir um die Frage, wie die Zukunft der Landwirtschaft gestaltet werden kann und wie wir im Jahr 2050 die rund 10 Milliarden Menschen mit einer gesunden und nachhaltigen Lebensweise ernähren können. Dazu brauchen wir neue Lösungen und vor allem einen gesellschaftlichen Konsens.
Ihr Tipp an einen Berufseinsteiger, der im Bereich Public Affairs Erfolg haben möchte. Was muss er unbedingt mitbringen?
Die Kommunikations-Skills sollten sehr schon ausgeprägt sein. Und dann gilt es, immer wieder neue Erfahrungen in verschiedenen Bereichen zu sammeln. Es ist gut zu wissen, wie das politische Geschäft funktioniert, wie Unternehmen und Verbände ticken; um auch festzustellen, wie komplex bestimmte Strukturen sein können. Gerade Berufseinsteiger müssen für die Aufgabe brennen und sich immer wieder neu aufstellen, glaubwürdig und offen sein. Jede/r ist für mindestens fünf verschiedene Jobs bestens geeignet, aber die wenigsten trauen sich auf einen neuen Weg. Man sollte alle fünf Jahre den Job wechseln, um sich weiter zu entwickeln und den Horizont zu erweitern.
Sie twittern persönlich sehr intensiv, aber ausschließlich über berufliche Themen. Wie wichtig ist das für Ihre Arbeit?
Mit meinem Twitter-Account setze ich in den Botschaften ein klares Bekenntnis zum Unternehmen und nutze zusätzliche Chancen für den öffentlichen Dialog und zur Pflege meiner langjährigen Netzwerke. Regelmäßige Tweets zu den relevanten Themen sind für mich in der Interessenvertretung eine wichtige und sehr gute Ergänzung mit Gesicht und Charakter. Keine allgemeinen Pressemeldungen, sondern transparenter Dialog mit Politikern, Interessengruppen, Verbänden, Organisationen, NGOs und Konsumenten.
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